Im Frühling 2012 führte uns unsere Pioneer Tour nach Äthiopien. Ursprünglich sollte ein Besuch der Danakil-Wüste und die Besteigung des Vulkans Erta Ale mit seinem ständig brodelnden Lavasee das Highlight und Kernstück der Reise bilden. Aufgrund einer Verschärfung der Sicherheitslage haben wir uns jedoch dazu entschieden, das Programm kurzfristig umzustellen. Trotzdem wurden wir nicht im Geringsten enttäuscht.
Unsere erste Station war Lalibela, der touristisch wohl bekannteste Ort im ganzen Land. Die monolithischen Kirchen sind ein unbestrittenes Highlight und absolut sehenswert. Die Kirchen sind – wie der Name schon sagt – aus einem Stück aus dem bzw. in den Fels gehauen und sind allein dadurch sehr eindrücklich. Äthiopien ist eines der ältesten christlichen Länder der Welt. Doch die Christen wurden von den Islamisten unterdrückt und konnten ihre Glauben nicht öffentlich ausleben. Was liegt da näher als die eigenen Gotteshäuser im Boden zu verstecken?
Äthiopien ist übrigens (nebst Liberia) auch das einzige afrikanische Land, welches nie richtig kolonialisiert wurde. Zwar haben die Italiener eine Besetzung versucht, diese war jedoch nicht von Dauer und die deutlichtse Hinterlassenschaft sind die nun im ganzen Land zu findenden Spaghetti. Dafür haben wir dem «Zwischenfall» wohl auch teilweise die italienische Kaffeekultur zu verdanken…
Von Lalibela aus unternahmen wir einen viertägigen Trek mit dem Ziel den 4200 Meter hohen Abuna Yosef zu besteigen. Wir hatten diesen Trek mit der lokal-ansässigen Organisation TESFA organisiert, welche zum Ziel hat den lokalen Tourismus nachhaltig zu fördern. Unser Gepäck wurde bequemerweise von Eseln transportiert und so konnten wir die atemberaubende Landschaft in vollen Zügen geniessen. Übernachtet wurde in typischen lokal betriebenen Tukuls (Hütten), wo wir von den lokalen Gemeinschaften mit dem Nötigsten versorgt wurden. Nicht nur bot uns die Tour zahlreiche Gelegenheiten Land, Leben und Leute abseits der klassischen Touristenpfaden kennenzulernen, auch die Landschaft und Fauna hatte so einiges zu bieten. So konnten wir nebst Adlern und Dscheladas (Blutbrustpavianen) auch einen äthiopischen Wolf beobachten, immerhin der weltweit seltenste Wildhund. Trotzdem waren wir nach den vier spektakulären, aber manchmal auch anstrengenden Tagen und kalten Nächten wieder froh um eine Dusche in Lalibela.
Von Lalibela aus ging es weiter nach Bahir Dar, einer Stadt am grossen Tanasee. Dort nutzten wir die Gelegenheit, eindrucksvolle Klöster am Seeufer zu besuchen und einen Ausflug zu den Tisissat-Wasserfällen des blauen Nils zu unternehmen. Abgerundet wurde unser Aufenthalt in der Stadt mit dem äusserst amüsanten Besuch des Balageru Culture Clubs, mit äthiopischem Gesang, Tanz, Witz und uns selbst als grosse Attraktion für die lokalen Gäste.
Nach einer rasanten Fahrt nach Addis Abeba, vermochte uns die mindestens ebenso rasant wachsende äthiopische Hauptstadt zwar kulinarisch, aber sonst eher weniger zu überzeugen. Nächste Station war Harar, eine uralte muslimisch-geprägte Stadt im Südosten des Landes. Die Altstadt ist absolut sehenswert und im ganzen Gebiet herrscht eine ganz andere, rauhere Atmosphäre. Eine ganz spezielle Attraktion ist das nächtliche Füttern der wilden Hyänen. Die Tiere kommen jeden Abend bis an den Stadtrand und werden dort von einigen wagemutigen und mit den Tieren vertrauten Männern mit Fleischstücken gefüttert. Es ist faszinierend und furchteinflössend zugleich, wie nahe die wilden Tiere mit ihren kräftigen Kiefern an die Zuschauer herankommen – ja, man kann sie sogar berühren. Natürlich liessen wir es uns auch nicht nehmen, auf dem Markt ein paar der populären und stimulierenden Kat-Blätter zu kaufen. Wen es interessiert: Das Kauen der Blätter ist tatsächlich leicht stimulierend (vielleicht ähnlich wie Koffein) und der Geschmack erinnert – nun ja – an Blätter.
Nach einer zweitägigen Fahrt in den Süden hiess unsere letzte Destination Arba Minch. Im tropischen Rift Valley gelegen, hat die Natur hier ganz andere Spektakel zu bieten als im Hochland. So war auch unser erster voller Tag ganz dem Nechisar Nationalwark gewidmet, wo wir zwar mit den schlammigen Strassenverhältnissen zu kämpfen hatten, aber trotzdem Affen, Zebras, Schlangen, Dikdiks und andere Tiere erspähen konnten. Am Nachmittag fuhren wir mit dem Boot zum so genannten «Crocodile Market», wo es die Krokodile zwar nicht zu kaufen, aber zu Dutzenden aus nächster Nähe zu beobachten gibt – äusserst eindrücklich! Ebenso eindrücklich sind die Flusspferde, die entgegen ihrem Aussehen äusserst aggressiv auftreten und auch unsere Bootsführer in Aufregung versetzten.
Nächstentags unternahmen wir einen Ausflug in die Berge nach Chencha, um den lokalen Markt zu besuchen. Dieser war eindrücklich und kam der stereotypischen Vorstellung eines afrikanischen Marktes ziemlich nahe.
Trotz der knappen Zeit, die wir Äthiopien verbacht haben, konnten wir viele Facetten dieses sehr abwechslungsreichen Landes kennenlernen. Wir sind – aus verschiedenen Gründen – bewusst nicht den beiden klassischen und relativ viel bereisten Routen (Addis Abeba – Bahir Dar – Gonder – Aksum – Lalibela / Omo valley) gefolgt, sondern haben unsere eigenen Destinationen zusammengestellt. Ohne dabei jedoch klassische Highlights wie Lalibela auszulassen, sondern sie mit weniger besuchten Gebieten zu verknüpfen. Die Leute, denen wir unterwegs begegnet sind, waren grösstenteils sehr stolz, freundlich und hilfsbereit. Armut haben wir viel gesehen, Elend jedoch kaum. Und ausser den zahlreichen, zum Teil sehr hartnäckig bettelnden Kinder, erlebten wir kaum unangenehme Situationen. Nebst dem Kaffee bietet Äthiopien übrigens auch eine sehr ausgeprägte eigene Küche, die sich um den zentralen Bestandteil Injera (ein gesäuertes Fladenbrot) dreht. Von diesem hatten wir zwar zeitweise fast die Nase voll, gehen aber seit unserer Rückkehr doch gerne ab und zu wieder in Zürich Äthiopisch essen…