Manchmal lässt sich das Pflichtprogramm mit der Freizeit verbinden: Kürzlich hatte ich geschäftlich in Maryland (USA) zu tun und habe mir die Gelegenheit nicht nehmen lassen, das nahegelegene Washington DC zu besuchen.

Nach zehn Tagen in einer ländlichen amerikanischen Kleinstadt, umgeben von mehr Parkplätzen als Gebäuden und kaum fussgängerfreundlichen Wegen, war eine richtige Grossstadt eine willkommene Abwechslung. Wobei in DC durch ihre grosszügige Gestaltung kaum Grossstadthektik aufkommt. Das gesichtslose, wenn auch komfortable Mittelklassehotel war rasch gegen ein günstiges, aber äusserst freundliches Hostel eingetauscht und ich genoss es wiedermal zu Fuss zu gehen. Und zu gehen gibt es viel: Die klassischen Sehenswürdigkeiten, sprich Regierungsgebäude und Gedenkstätten sind zum grössten Teil an der weitläufigen „National Mall“ gelegen, welche Nationalparkstatus geniesst. Will man die wichtigsten Stätten (Kapitol, weissen Haus, Lincoln-Memorial, etc.) in ener Runde besuchen, legt man mindestens 7km zurück. Obwohl diese klassischen Sehenswürdigkeiten zum Teil eindrücklich sind, würden sie für mich keine Reise rechtfertigen. Was sind also die wahren Highlights?

 Für mich war das zum einen das Blues-Konzert im einzigartigen „Madam’s Organ“, einem Lokal so bunt wie DC selbst, wo alte Herren und junge Grossstadt-Hipster gemeinsam der Musik lauschen und die Frontfrau sämtliche stereotypen Vorstellungen bezüglich Leibesfülle, Stimmstärke und Charme in Sekundenbruchteilen bestätigt. „Madam’s Organ“ liegt im nördlichen Quartier Adams Morgan, welches mit zahlreichen einladenden Bars und Restaurants, schrägen Läden, bunten Häusern und Wandmalereien auftrumpft.

Zum andern sind sicher die unzähligen Museen, insbesondere des Smithsonian Institutes, ein Highlight. Diese sind nicht nur kostenlos, sondern können auch museumsmüde Besucher über Tage bei Laune halten. Aus Zeitgründen habe ich nur zwei davon besucht, war aber von beiden begeistert: Während das Hirshhorn Museum mit ener vorzüglichen Sammlung zeitgenössischer Kunst und interessanten Sonderausstellungen aufwartet, sind im National Air and Space Museum solch spektakuläre Stücke wie die Original Appollo 11 Raumkapsel, eine begehbare Raumstation, die Spirit of St. Louis und einen Mondstein, den man sogar berühren kann, ausgestellt.

Zum Abschluss bestätigt sich wieder einmal eine alte Reiseerfahrung: Die wahren Highlights sind selten die bekanntesten Sehenswürdigkeiten. Manchmal lohnen sie sich aber trotzdem.

Und noch der passende Dialog aus der Fernsehserie „The Simpsons“:
Warden: It’s a unicorn in space.  I ask you what is it breathing?
Homer: Air.
Warden: There ain’t no air in space!
Homer: There’s an Air ’n‘ Space museum.