Was beim Reisen rasch auffällt, sind die unterschiedlichen Essgewohnheiten. Dies zeigt sich besonders deutlich beim Fleisch. Viele Kulturen verbieten den Verzehr bestimmter Tiere aus religiösen Gründen. So essen beispielsweise Hindus keine Kühe und Muslime und Juden keine Schweine. Solche Regeln waren oft historisch rationell begründet, beispielsweise mit der Haltbarkeit oder anderen hygienischen Aspekten.
Dann gibt es aber zahlreiche kulturelle Prägungen, die meist daher rühren, dass bestimmte Tiere als Haus- oder Nutztiere gehalten werden, oder deren Verzehr schlicht nicht üblich ist. So beispielsweise Pferdefleisch im englischsprachigen Raum oder Hunde- und Katzenfleisch bei uns. Wobei bemerkenswert ist, wie schnell sich solche Prägungen verändern können, standen doch gerade Hunde und Katzen in der Schweiz vor nicht allzu langer Zeit durchaus noch auf der Speisekarte (und sind es zum Teil auch heute noch). Allerdings kann man die Haustierregel nicht verallgemeinern: So sind in der Schweiz Kaninchen und Meerschweinchen ähnlich weit verbreitet (2007 hielten ca. 6% aller Schweizer Haushalte Kaninchen als Haustiere, gegenüber rund 4% Meerschweinchen [Quelle]). Während es jedoch das Kaninchen noch relativ leicht auf die Speisekarte schafft, löst das gegrillte Meerschweinchen, in einigen Ländern der Anden weit verbreitet, hierzulande nur Empörung und Erstaunen aus.

Meerschweinchen-Grill in Ecuador

Ich selbst gehöre zu der neugierigen Sorte Menschen, die (fast) alles ausprobieren muss, insbesondere im kulinarischen Bereich. Und zwar schon seit ich mich erinnern kann. Manchmal werde ich dabei mit moralischen Vorwürfen konfrontiert, zum Beispiel wie ich denn nur Hund essen könne! Während solche Vorwürfe bei bedrohten Tierarten sicherlich ihre Gültigkeit haben, kann ich bei rein emotionaler Begründung kaum Verständnis aufbringen. Meiner Ansicht nach ist es nicht mehr oder weniger moralisch verwerflich einen Hund oder ein Schwein zu essen. Beides sind meines Erachtens „gleichwertige“ Tiere und nur der Zufall (bzw. gewisse Fähigkeiten und Charaktereigenschaften) wollte es, dass bei uns Schweine eher als Fleischlieferant, Hunde dagegen als Haustiere angesehen werden. Ist ein Hundeleben deshalb mehr wert als ein Schweineleben?

Das besagte Hundefleisch habe ich übrigens in einem darauf spezialisierten Restaurant in Hanoi (Vietnam) gegessen. Das ist nicht ganz zufällig, sind doch viele südostasiatische Länder sehr offen und vielseitig, was den Fleischverzehr angeht. Auch Schlangen, Krokodile, Spinnen, Insekten, Ratten und vieles mehr sind in dieser Region relativ weit verbreitet. Und nein, es schmeckt durchaus nicht alles „ein bisschen wie Hähnchen“.

Stillleben mit Hundekopf (Laos)

Anderen Einstellungen, gegenüber wo denn nun die Grenze zwischen „normal“ und „abartig“ liege, begegnet man überall. So scheinen Marokkaner zum Beispiel sehr gerne Schnecken zu essen, während sie sich einen Frosch auf dem Teller überhaupt nicht vorstellen können. Bei uns hingegen sind beide Fälle im Graubereich anzusiedeln, das heisst weder Frosch noch Schnecken sind weit verbreitet, beide jedoch als Spezialitäten einigermassen akzeptiert. Oder so mancher Kanadier war nach einem Supermarktbesuch in der Schweiz schockiert, weil dort nicht nur Pferdefleisch im Regal liegt, sondern dieses auch noch aus Kanada importiert wird.
Abschliessend lässt sich wohl einfach einmal mehr feststellen, dass es nicht zuletzt diese kulturellen Unterschiede sind, die das Reisen interessant machen. Und mit einer gesunden Portion Neugierde und Toleranz ist man an jedem Tisch gut bedient!